Knochenmarkspende / Erfahrungsbericht von Markus Urban

Um möglichst viele Spender zu erhalten, will ich hier gerne meinen "Werdegang" bei der Knochenmarkspende erzählen und die Zusammenarbeit mit der DKMS.



Wie Sie auf der Internetseite von www.dkms.de erfahren, haben die eine Datei, wo potenzielle Spender gelistet sind. Hat nun jemand Knochenmarkkrebs, dann gleichen die dort die Daten ab und versuchen die Stricknadel im Heuhaufen zu finden. Man versucht quasi den fast genetischen Zwilling zu finden, der in der Lage ist, dem Erkrankten Zellen aus dem Knochenmark zu geben, damit dieser überlebt.

Früher dachte ich, naja - alles halb so wild. Überlebt, neues Leben schenken - heute weiss ich, daß es sich genau darum handelt.
Mit ein klein wenig Mut und ein bißchen Bereitschaft, mit Profis an der Seite können Sie, verehrter Leser einem anderen Menschen das Leben retten!

Ich will Ihnen hier mitteilen, was auf Sie zukommt:
Ich bin mit meiner Frau (ich liebe Dich - Schatz) am Neckar mit dem Hund spazieren gegangen und dachte so, hoppla, genau richtig, die Feuerwehr macht eine Hocketse, da kann ich ein kühles Bier trinken. Das war vor 3 Jahren. Aber war zwar auch eine Hocketse, aber es ging um ein 6jähriges Kind, daß an Knochenmarkkrebs erkrankt ist. Ich verzichte auf die vielen Unterarten, die es dabei gibt, hier ist die DKMS-Seite sehr informativ. Es kamen an die 3500 Leute zusammen, die sich mit einen Piks in den Finger typisieren liessen und so potenzielle Spender in der Kartei wurden. Meine Frau wiegt unter 50 Kilo, da kommt man bzw. frau leider nicht in Frage. Also kam nur mein Namen in die Datei. Dieses Verfahren kostet der DKMS viel Geld, daher sind die auch auf Geldspenden angewiesen.
Für das 6jährige Kind kam ich nicht in Frage und leider, leider auch keiner der anderen 3499. 2 Monate später wurde aber jemand gefunden und ich hoffe, das Mädchen tollt im Garten herum. Für die Eltern war dies sicherlich eine schwere Zeit.

Ein Jahr danach (fast schon vergessen die Aktion) bekam ich ein Schreiben. Ich käme in Betracht und nun müßte eine genaue Prüfung stattfinden. Wie ich heute weiss, ist dies nicht gleichbedeutend, daß man ein Spender wirklich ist, sondern nur in die Nähe kommt. Ich erkläre mich bereit dazu und erhielt von der DKMS perfekt geplant ein Flugticket Stuttgart-Dresden in die dortige Uniklinik, Taxikosten und Essen wurde mir danach erstattet. Ich flog dort hin, wurde von sehr netten Ärzten untersucht und man erklärte mir nochmals das ganze Verfahren und das Risiko für mich. Ein Tag hin und wieder zurück.

Das Risiko für mich: Durch das Verfahren werden bei mir im Knochenmark die Zellen angeregt, sich zu teilen (das machen die übrigens jeden Tag von selber), um so im Blut vermehrt Knochenmarkzellen zu haben. Diese werden dann herausgefiltert und eine gelbliche Substanz voller Zellen wird dann zum Erkrankten gebracht, bei dem alle seine eigenen Knochenmarkzellen abgetötet werden und dann meine dort hineinkommen. Das Risiko ist nun, daß dort wo vermehrt Zellen auftauchen, es zu Krebs kommen kann. Das ist aber so selten, da gewinne ich wahrscheinlich im Lotto und spiel das überhaupt nicht. Aber das ist das Risiko! Das ist jetzt laienhaft erklärt, aber ich hoffe, Ihr versteht das so.

Am Schluss dann die Gewissenfrage: Herr Urban, wenn alle Fragen geklärt sind (das war der Fall) und wir hier feststellen, daß Sie als Spender in Frage kommen (das war dann auch der Fall), machen Sie es oder machen Sie nicht? An dieser Stelle finde ich es o.k., wenn jemand sagt, nein, lieber nicht. Ganz ehrlich, ich versteh das. Aber wer jetzt mit Ja antwortet, der verpfändet ein Leben! Denn jetzt wird es ernst! Aber er gewinnt auch ein Leben! Und da sag ich, pfeif auf dieses kleine Risiko - dafür lebt ein anderer Mensch weiter! Wenn nicht jetzt, wann kannst du als Mensch einmal Mensch sein, ohne über materielle Vorteile nachzudenken. Ich sagte also ja.

Nun spritzt man sich selber oder läßt vom seinem Hausarzt dies vornehmen, eine Lösung ins Blut, um die Knochenmarkzellen (da hinten im Rücken) zu regem Wachstum zu stimulieren. Ich habe mir die Spritze immer selber in den Bauch gespritzt, am besten man schaut in den Spiegel und stellt sich vor, man steht auf dem Podium vor 1000 Leute und muss ganz leise sein. Dann macht der kleine Piks nichts aus. Ist wirklich harmlos, wer nicht will, geht zu seinem Dottore. Das macht man 5 Tage vor der Spende jeden Tag. Am letzten Tag, das gebe ich gerne zu, hatte ich dann starke Schmerzen im Beckenbereich. Als würde ich genau mitbekommen, wie die Zelle sich vom Knochen löst und ins Blut schwimmt. Dafür kriegt man dann für diese Nebenwirkung aber auch Schmerztabletten.

Am Tag X dann auch wieder perfekt geplant, die Tickets für Stuttgart-Dresden da, Hotelschein für 1 Nacht von Montag auf Dienstag. Taxi und Essen erhält man erstattet.
Ich kam an den Flughafen und dort aufgrund Lotsenstreik Flugausfälle und natürlich (war ja Montag) der Flug Dresden auch betroffen. Am Abfertigungsschalter war ein Geschrei von Notaren, Anwälten und Immobilienmakler (fliegen eigentlich auch normale Leute nach Dresden?), die alle so wichtige Termine hatten, daß die angedrohten Schadenersatzsklagen die Lufthanso sofort in den Ruin getrieben hätte. Nun, wenn die schreien, ich kann das auch. Ich rief also, daß mal alle den Mund halten sollen, denn der einzige der heute nach Dresden muss, daß bin ich! Sie alle können morgen noch ihre Verträge unterschreiben, ich muss zu Knochenmarkspende und das heute, da der Erkrankte darauf wartet auf dem OP.

Da waren die ganz schön paff und alle ganz leise, denn Leben retten geht nunmal vor Spesenrechnung. Die Lufthansa super schnell und nett mich gleich in den Flieger nach Frankfurt, dort dann mit so einem Art Bobbycar durch die ganzen Halle, damit der Anschlussflug nach Dresden nicht verpaßt wird. In Dresden dann wieder ganz toll, man sitzt auf einem Art Hochstuhl, guckt 4 Stunden lang Video (aktuelle gute Filme, wie Kino), erhält immer zu Essen und Trinken und rechts Blut raus aus dem Arm, in eine Maschine, die die Zellen herausfiltert, dann links alles wieder rein.
Tut einem bißchen der Po mit der Zeit weh, aber dann mit dem Hinweis, falls die Zellen nicht reichen, dann morgen früh nochmals, kann man springen gehen. Das ist auch der Grund, warum man 2 Tage in Dresden bleibt.

Tja - da bin ich gleich mal bei der Blauen Brücke in Dresden in ein feines Lokal gegangen und habe am Elbufer eine super Entenbrust gegessen in einer restaurierten Villa. Dann mit Taxi in der weissen Siedlung auf die Aussichtsplattform und ein bißchen Dresden von oben angeguckt. Ist eine schöne interessante Stadt und man sieht mal, daß der Solizuschlag gut angelegt wird. Das beruhigt ja dann auch.
Hotel war gut, vielleicht beim nächstenmal privat übernachten (liegt im Blut bei mir). Am nächsten Tag war ich wieder in der Uniklinik, wurde aber nicht mehr gebraucht. Da Flug erst abends, bin ich die Frauenkirche anschauen gegangen, in der Fußgängerzone gesessen und mich am Leben gefreut.

Denn, nach der Spende, da kommt dann ein wirklich gutes Gefühl auf. Man weiss ja nicht, wer der andere ist. Hier ist dies gut gemanagt, denn erst nach 2 Jahren könnten, wenn beide einverstanden sind, Spender und Erkrankter sich kennenlernen. Man schaut auf Dresden, eine Stadt, die schon so viel erlebt hat und genau wie jemand der Knochenmarkkrebs hat, am Boden liegt und wieder aufsteht! Das ist, was zählt!

Ich war so froh, daß ich jemand helfen konnte, ich wollte am liebsten noch die Frauenkirche ganz alleine fertigstellen, im Überschwang der Gefühle. Flug nach Hause und was steht da, ein Fresspaket vom
Feinkost Käfer mit Blumenstraus und Dankeskarte. Also Leute von der DKMS, wenn Ihr mal auf die Tränendüse drückt, dann aber richtig.
War nicht nötig, schmeckte aber trotzdem. Vielen Dank.

Mein Zwilling, ich weiss nur aus Hannover, 48 Jahren alt, 2 Kinder konnte nach einer Woche wieder nach Hause gehen! Super - oder? Hat kein Rückfall gehabt und ich glaube, daß der sich heute noch freut. Trink einen auf mich - o.k.!

Also - loss, sich bei DKMS registieren lassen, mit einem kleinem Pics fängt es an und Dresden ist zu empfehlen.

Holt Euch die Infos bei denen auf der Internetseite, am besten ist es, wenn ganz Deutschland in der Datei steht und die Krankheit Knochenmarkkrebs mit Hilfe von Euch allen bekämpft werden kann.

Euer Markus Urban mit Familie

DKMS - Blutkrebs besiegen
Erfahrungsbericht Markus Urban



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